Ratgeber: So gehst du richtig mit Kritik um
Erfahre jetzt, wie du in Zukunft besser mit Kritik umgehen und daraus sogar noch einen Gewinn für dich ziehen kannst.
Niemand lässt sich gerne kritisieren und dies bei anderen konstruktiv zu tun, ist oft genauso schwer, wie mit Kritik an sich selbst richtig umzugehen. Einfach nur abblocken führt zu Kritik am Umgang mit der Kritik. Sie still und leise in sich hereinzufressen, bringt Frust. Was also tun?
Sachliche und unsachliche Kritik
Der erste Schritt ist, Kritik an dir in sachlich und unsachlich zu unterteilen. Sachliche Kritik kann dich durchaus weiterbringen, weil sie dir Fehler und Schwächen aufzeigt, die dir selbst vielleicht nicht bewusst sind und du nun daran arbeiten kannst. Unsachliche Kritik ist meistens vom Absender persönlich motiviert und gerade deshalb solltest du sie nicht persönlich nehmen.
Ich hatte selbst lange ein Problem damit, Kritik an mir anzunehmen. Da ich einen Geschäftspartner hatte, der mich aus persönlichen Gründen kritisiert hat. Und zwar, um sich selbst höher zu stellen und mich klein zu halten. Ich habe das lange nicht erkannt und mich ständig gefragt, wie er zu seiner Kritik kommt. Als ich es erkannte, habe ich jede Kritik abgeblockt, weil sie sachlich (meistens) unbegründet war und rein persönliche Motive hatte. Deshalb habe ich ab da jegliche Kritik an mir nur noch persönlich genommen. Diese Verhaltensweise hat natürlich zu Problemen geführt, da ich Sachen tatsächlich falsch gemacht oder gar an die Wand gefahren habe und die Kritik daran als einen persönlichen Angriff auf mich abgetan habe.
Aus einem solchen Muster muss man wieder herausfinden, ohne ins genauso falsche Gegenteil zu verfallen. Sich jeder Kritik gnadenlos zu unterwerfen und sich ständig selbst komplett in Frage zu stellen, führt ebenfalls zu nichts Gutem. Also musst du für dich herauskristallisieren, welche Kritik sachlicher Art und gegebenenfalls berechtig ist und welche nicht. Viele Menschen haben ein Problem damit, wenn jemand anderes Dinge in die Hand nimmt und manche kritisieren einfach gerne. Dadurch wirken sie aktiv und engagiert, ohne selbst Gefahr zu laufen, sich durch eigene Fehler angreifbar zu machen. Außerdem lenken sie von sich ab. Du kannst dir nicht aussuchen, wann dich wer für was kritisiert, aber du kannst entscheiden, wie du auf die Kritik reagierst.
Wann trifft dich Kritik?
Kritik trifft immer dann, wenn sie berechtigt oder angebracht erscheint. Dabei ist das oft nicht der Fall. Ich gebe dir 2 Beispiele dazu:
1. Wenn ich dir sage, dass du eine faule und unfähige Person bist oder du in deinem Outfit verlottert aussiehst, dann wird dich das höchstwahrscheinlich treffen. Du wirst nachdenken, wie ich darauf komme und überlegen, ob es stimmen könnte.
2. Wenn ich sage, dass du der außerirdische Anführer des Tokio-Hotel-Fanclubs bist, der zum Ziel hat, die Jugend zu verderben, und andere Musiker zu ruinieren, dann wird dich das wahrscheinlich nur zum Lachen und Kopfschütten bringen. Warum? Weil es nicht wahr und nicht einmal ansatzweise realistisch ist. Warum lässt du dich aber von dem ersten Beispiel treffen? Du weißt doch, dass es genauso Unsinn ist wie das 2. Beispiel. Lediglich das Vokabular liegt etwas näher am Bereich des Möglichen.
Kritik kommt (oft) von unten
Sachliche Kritik der Chefin, des Trainers oder deiner Partner solltest du prüfen und dann auch annehmen. Mit einer offenen Einstellung kann sie eine große Hilfe sein und du kannst daran wachsen. Am häufigsten kommt Kritik jedoch von unten. Das heißt von Leuten, die dich kritisieren, um sich selbst besser darzustellen und besser zu fühlen. Gerade in Vereinen und in Bereichen wie Kunst, Musik und Fitness, aber auch auf der Karriereleiter wird gerne von Menschen kritisiert, die meistens selbst nicht mehr vorzuweisen haben und denen offenbar irgendetwas einfach nicht recht ist. Meistens ist es die eigenen Position, die sie scheinbar als ungerecht empfinden.
Ich habe früher Musik gemacht und meine Bands haben auf Konzerten häufig als die Zweite von 3 Bands am Abend gespielt. Während uns die Hauptbands nur ab und an auf die Schulter klopften, bevor sie selbst auf die Bühne gingen, kam es regelmäßig vor, dass die erste Band (also die mit der kürzesten Spielzeit und den wenigstens Zuschauern) uns förmlich zerriss. „Schlecht gespielt“ und „langweilige Lieder“ waren so die üblichen Äußerungen. Jedoch habe ich nicht ein einziges Mal mitbekommen, wie eine der Hauptbands über die Vorbands hergezogen ist. Sie hatten offenbar anderes zu tun und waren selbst lange genug die erste und zweite Band des Abends. Die vernichtenden Stimmen der kleinen Bands kamen wohl eher daher, dass sie selbst gerne später am Abend gespielt hätten.
Für das Kritisieren gibt es 2 Hauptgründe
Einmal ist es oft ganz klar Neid, weil man selbst gerne auf der Stufe weiter oben stehen würde und sich vielleicht ungerecht behandelt fühlt. Zum anderen ist es sogenanntes Egobiting. Eine unbekannte Person attackiert eine bekanntere, in der Hoffnung, dass diese darauf reagiert und sie dadurch pusht bzw. etwas von ihrer Reichweite abgibt. Inzwischen hat es sich herumgesprochen und funktioniert nicht mehr so einfach, aber es bleibt dabei: In der Regel kommt Kritik von unten. Leute, die es besser können, geben häufig sogar Tipps, helfen weiter oder sagen einfach nichts.
Also schaue dir genau an, wer deine Musik, Bilder, Kleider, Designs, Texte, Erziehungsmethoden und Handwerkskünste kritisiert. Meistens wirst du dann anfangen zu lachen und kannst dich einfach wieder um deine Projekte kümmern. Hier ist der beste Umgang meistens ganz einfach: Nicht reagieren und aussitzen. Es gibt da einen alten Satz, der es auf den Punkt bringt: „Was kümmert es den Baum, wenn sich eine Sau daran reibt?“
Diese Übungen helfen
Auch wenn du diese Tipps am besten gleich in der Praxis anwendest, habe ich noch 2 einfache Übungen für dich, die es dir leichter machen. Sie bringen dir gleich 2 tolle Effekte. Der Erste ist natürlich, dass du übst, besser mit Kritik umzugehen, und der Zweite: Du bekommst Kritik, an der du wachsen kannst.
1. Frage nach Kritik
Das ist keine Idee, auf die du kommen würdest, wenn du Kritik scheust, aber es ist durchaus hilfreich, dich in die Höhle des Löwen zu wagen. Bitte Freunde, Eltern, Kollegen und die Chefs offen und ehrlich um Kritik zu einem bestimmten Bereich oder Thema. Die meisten Menschen werden sich geehrt fühlen, dass du sie fragst. Sie werden die Gelegenheit nicht ausnutzen, dich niederzumachen, sondern konstruktives Feedback äußern. Wenn sie die Gelegenheit als Freifahrtschein nehmen, um dich runterzumachen, weißt du immerhin, was du von ihnen zu halten hast. Wahrscheinlich werden sie dich aber ebenfalls um Kritik bitten.
Wenn du nicht sowieso schon in deiner Firma regelmäßige Leistungsgespräche hast, verlange eines. Die Übung daran ist, dass dich die Kritik nicht so hart trifft, da du darauf vorbereitet bist. Dadurch solltest du dich nicht überrumpelt fühlen und die Kritik leichter annehmen können, ohne in eine Defensive zu geraten. Außerdem ist Kritik, um die du zu einem beliebigen Zeitpunkt bittest, nicht so hart wie berechtigte Kritik nach einem Fehler. Du kannst dich also herantasten.
2. Kritisiere dich selbst
Kritisiere dich selbst. Versetze dich dafür in die Lage deines Partners, Chefs, Trainers, der Kollegen und überlege, was sie an dir berechtigt kritisieren könnten. Beobachte dich selbst bei deiner Arbeit, in deiner Beziehung, als Teammitglied und übe Kritik an dir. Wenn du selbstständig bist, mache dich zu deinem Kunden und Vorgesetzten. Frage dich, ob du mit deiner Leistung zufrieden wärst. Um die Übung zu intensivieren kannst du dir die Kritik aufschreiben und anschließend vorlesen. Stelle dich vor den Spiegel und sage dir deine eigenen Kritikpunkte ins Gesicht.
Probiere die Übungen doch mal aus. Du kannst nicht viel dabei verlieren. Reflektiere die Kritik, die du bekommst, aber suhle dich nicht darin. Mache daraus nicht mehr, als es ist. Wenn ich diesen Artikel zum Schluss einmal auf einen einzigen Satz reduziere, dann ist die Essenz des Ganzen, in der alles Wichtige steckt, die folgende: Nimm‘ Kritik nicht persönlich!
Wenn du jetzt noch ein paar Tipps möchtest, wie du dein Leben verbessern kannst, lese mal in diesem Artikel rein. Und wie du aus deiner Komfortzone ausbrichst, erfährst du hier.
Fotos: Getty Images
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