Warum ist Ordnung so wichtig? Aufräumexpertin Nina Brach klärt auf
Kennst du das auch? Undefinierbare Papierstapel, in jedem Zimmer mindestens eine wuselige Schublade mit längst vergessenem Kleinkram, mit Klamotten, die zuletzt in der Schulzeit getragen wurden und 20 verschiedenen Taschen oder Rucksäcken … Kurz: Der Krempel übernimmt gefühlt langsam die Herrschaft über deine Wohnung. Die Konsumgesellschaft lässt grüßen! Für viele Menschen ist Aufräumen und Ausmisten ein Graus. Für Nina Brach nicht. Für sie ist es eine befreiende Angelegenheit. Ihrer Meinung nach kann man mit dem richtigen System auch noch viel Zeit und Energie sparen.
Nina Brach ist nämlich Ordnungscoach und hilft jedem, der Lust darauf hat, die größten Chaos-Baustellen zu beseitigen. Um sie besser kennenzulernen und herauszufinden, wie sie auf diesen Beruf gekommen ist, haben wir sie mit unseren Fragen gelöchert.
Wer bist du und was machst du?
Ich bin Nina Brach, leidenschaftliche Auf- und Umräumerin und Ordnungscoach. Ich liebe es einfach, klar Schiff zu machen! Mit meinem Unternehmen BITTE AUFRÄUMEN bringe ich mehr Ordnung, Übersicht, Zeit und Leichtigkeit zu meinen Kunden.
Wie bist du auf die Idee gekommen, als Ordnungscoach zu arbeiten?
Ich habe schon immer gern aufgeräumt und brauche klare Strukturen im Außen, um auch im Innen klar sein zu können. Ich kann mich abends nicht in einem unordentlichen Wohnzimmer entspannen. Bereits mein Kinderzimmer habe ich immer aufgeräumt bevor ich Hausaufgaben gemacht habe – im Gegenteil zu meiner Schwester, die da sehr viel entspannter war…
Die Idee einen professionellen Ordnungsservice anzubieten, hatte ich schon in der Studienzeit, als viele meiner Freunde mich um Hilfe bei der Organisation der ersten eigenen Bude gebeten haben. Beim Quatschen am Nachmittag habe ich dann ganz nebenbei mehr System und Ordnung ihre WG-Zimmer und Einzimmerwohnungen gebracht – zu ihrer und meiner Freude! Und letztes Jahr habe ich diese Idee, die schon so lange in meinem Hinterkopf schlummerte, dann einfach umgesetzt.
Ich kombiniere in meiner Arbeit meine Aufräumliebe mit meinem Hintergrund als systemischer Coach. Mir macht es Spaß Pläne zu schmieden, wie Räume besser genutzt werden können – und dann anzupacken und diese auch praktisch umzusetzen. Aber vor allem ist mir dabei wichtig, gemeinsam mit meinen Kunden ein individuelles Ordnungssystem zu erarbeiten und nicht einfach ein Standard-System mitzubringen. Aus meiner Erfahrung sind nur die Lösungen, sie man selbst mitgestaltet hat, wirklich nachhaltig und werden langfristig umgesetzt – weil sie eben wirklich zu der Person passen.

Ist es bei dir zu Hause immer aufgeräumt?
Definitiv nicht. Aber, meine Familie und ich sind in der Tat keine Sammler. Selbst unsere Kinder können sich recht gut von Dingen trennen, die ihnen nicht wirklich am Herzen liegen und mit denen sie nicht spielen. Was aber kleine Sammelleidenschaften wie zum Beispiel Steine und Stöcker nicht ausschließt! Unser Zuhause ist nicht immer aufgeräumt, aber wir haben nicht sehr viel Zeug und so gut wie jedes Ding hat einen klaren Platz. So ist dann auch schnell wieder aufgeräumt, wenn das Chaos zu groß wird.
Wo und wie arbeitest du?
Ich arbeite entweder direkt vor Ort im Zuhause oder im Büro meiner Kunden oder ich führe die Ordnungscoachings per Videokonferenz durch. Vorab lasse ich mir ein paar Bilder oder ein kleines Video der Situation schicken, um mich besser vorbereiten zu können und vorab schon einmal ein paar Anregungen für eventuell noch zu besorgende Helferlein, wie Kisten, Regale und Co. geben zu können. Und dann, geht es los!
Wer braucht dich und warum?
Meine Auftraggeber sind sehr unterschiedlich, aber der gemeinsame Nenner ist fast immer der Wunsch nach mehr Zeit, Ruhe und Struktur. Viele Menschen haben das Gefühl, dass sie ständig mit Aufräumen beschäftigt sind. Alles von A nach B räumen, nur um einen halben Tag später schon wieder die gleichen Sachen in der Hand zu halten. Zeit wird zu einem immer wertvolleren Gut – für uns selbst, für die Familie, für Freunde. Meine Kunden wollen ihre Zeit einfach nicht länger mit ständigem Auf- und Umräumen verbringen, sondern für das nutzen, was ihnen wirklich wichtig ist. Sie fühlen sich zum Teil erschlagen von ihrem Zeug, das überall nach Aufmerksamkeit schreit. Ich helfe ihnen zu reduzieren und zu vereinfachen. Schließlich zahlt man ja die Miete, damit man sich selbst zuhause wohlfühlt und nicht das Zeug.
Ich arbeite auch viel mit Familien, die auf dem toughen Berliner Wohnungsmarkt lieber die kleine, bezahlbare Wohnung behalten, auch wenn sich weiterer Nachwuchs ankündigt. Ich helfe ihnen dann, mehr Platz auf gleichem Raum zu schaffen. Ausmisten, priorisieren und clever und kreativ verstauen sind hier die Herausforderungen.
Was magst du am meisten an deiner Arbeit? Was motiviert dich?
Ich mag es, Menschen zu unterstützen, ihre ganz persönliche Lösung für ein Problem oder eine Herausforderung zu finden. Für jeden sieht die perfekte Lösung anders aus. Das herauszukitzeln und eine richtig passende Lösung zu erarbeiten macht mir am meisten Spaß. Wenn mir meine Kunden dann ein paar Wochen später schreiben, dass sie viel besser klarkommen, sich befreit fühlen und die Grundordnung bleibt, dann ist das eine tolle Motivation. Und, ganz ehrlich, ich räume auch wirklich einfach gerne auf! Ich finde es so befriedigend, wenn man Chaos beseitigt, weil direkt Ergebnis und Effekt der Arbeit sichtbar werden. Herrlich!
Das Kurioseste, was dir bisher passiert ist?
Kuriosität ist ja immer eine Frage der Betrachtung und Perspektive. Vieles, was mir vielleicht kurios erscheint, ist für meine Kunden völlig normal. Das respektiere ich natürlich auch. Ich war zum Beispiel einmal zu einem Ordnungseinsatz bei einem Kunden, der offensichtlich eine große Leidenschaft für Schneekugeln hatte. Sie waren überall drapiert, in jedem Zimmer und es waren wirklich, wirklich viele! Aber das war gar nicht sein Anliegen. Vielmehr brauchte er Hilfe bei der Neuorganisation seiner Küche.
Es ist eine Kunst, und zugegebenermaßen manchmal auch nicht leicht, sich von der eigenen, ersten Bewertung der Situation freizumachen und seine eigenen Gedanken dazu beiseite zu schieben. Die 500 Stück umfassende Bierdosensammlung oder die 100 Handtaschen sind eben für manche Menschen eine absolute Herzensangelegenheit. Erst wenn diese Sammelleidenschaften zur Belastung werden, versuche ich zu moderieren und mit meinen Kunden zu erarbeiten, was gehen darf und was unbedingt bleiben muss.
Eine andere, eher ungewöhnliche Anfrage war einmal ein Coaching für eine selbst sehr strukturierte Kundin, die für sich einen Weg finden wollte, besser mit der Unordnung anderer umgehen zu können. Ich war noch nie in einer so aufgeräumten Wohnung!
Nächste Woche verrät euch Nina ihre besten Aufräumtipps und zeigt, wie ihr einfach Ordnung schafft und diese dann auch beibehaltet.
Titelfoto: Sakura Fischer